11.4 Verkehr

 

Bei der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in der Region Oberfranken-Ost sollen folgende Grundsätze beachtet werden:

  • Zur Verminderung verkehrsbedingter Umweltbelastungen soll insbesondere in den Stadt- und Umlandbereichen von Bayreuth, Kulmbach und Hof die Verkehrsverlagerung auf umweltschonendere Verkehrsträger wie z.B. Fahrrad, ÖPNV oder Bahn gefördert werden. Zudem sind bei den Flächennutzungsentscheidungen der Regional- und Bauleitplanung sämtliche Möglichkeiten zur Verkehrsvermeidung auszuschöpfen. Dies beinhaltet ins­besondere die Festlegung von Siedlungsschwerpunkten an gut ausgebauten Verbindungen des ÖPNV sowie die Vermeidung von Einzelhandelsgroßprojekten auf der „Grünen Wiese“.

  • Zur umweltfreundlichen Erschließung der Fremdenverkehrsgebiete der Region (Fichtelgebirge, Frankenwald, Fränkische Alb) sollen zumindest in den Saisonzeiten Busverbindungen verbessert, d. h. insbesondere die Taktzeiten verkürzt und eine Mitnahme von Sportgeräten wie beispielsweise Fahrrädern ermöglicht werden.

  • Um eine weitere Zerschneidung der Landschaft so gering wie möglich zu halten, sollte der Neubau von Straßen und Schienenwegen auf das unbedingt notwendige Maß eingeschränkt werden. Ein Ausbau bereits vorhandener Verkehrswege ist einem Neubau vorzuziehen. Möglichkeiten der Bündelung von Trassen sollen, wenn die Trennwirkung dadurch nicht erheblich verstärkt wird, genutzt werden (LEP Entwurf 2002: B I 2.2.10.2) Großflächige, bisher nicht oder nur gering durch Einrichtungen der Bandinfrastruktur, insbesondere durch Verkehrs- und Energieleitungstrassen, beeinträchtigte Landschaftsräume sollen nicht zerschnitten, sondern erhalten werden (LEP Entwurf 2002: B I 2.2.10.1).

  • Unvermeidbare Neubauvorhaben der Verkehrsinfrastruktur sollen eine möglichst umweltschonende Linienführung und Ausgestaltung aufweisen. Insbesondere ist eine Inanspruchnahme folgender für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild wertvoller Bereiche möglichst zu vermeiden:

    • Flächen, die nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz als Naturschutzgebiete, geplante Naturschutzgebiete, 13d-Flächen, Landschaftsschutzgebiete, Naturdenkmale oder geschützte Landschaftsbestandteile unter Schutz stehen
    • NATURA 2000-Gebiete
    • Pufferzonen um Naturschutzgebiete und geschützte Landschaftsbestandteile
    • Gebiete mit langfristig natürlicher/naturnaher Entwicklung oder einer Land­nutzung mit vorherrschenden Leistungen für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild (vgl. Kap 7.2)
    • Naturwaldreservate, Bannwälder und Erholungswälder
    • bedeutende regionale Biotopverbundachsen (vgl. Karte 7a)
    • Naturnahe Auenbereiche/Überschwemmungsgebiete
    • traditionelle Kulturlandschaften und Landschaftsräume mit hervorragender Eigenart wie z.B. weite Teile der Fränkischen Alb, das Bergfeld bei Stadtsteinach oder die Ködnitzer Weinleite
    • großflächig unzerschnittene Landschaftsräume mit Vorkommen störungsempfindlicher Tierarten, wie z.B. Tröstauer Forst und Martinlamitzer Forst im Hohen Fichtelgebirge sowie Selber Forst und Geroldsgrüner Forst
    • bedeutende Erholungsgebiete, insbesondere im Fichtelgebirge, dem Frankenwald und der Fränkischen Alb
    • Kalt- und Frischlufttransportgebiete, wie insbesondere die Talniederungen von Warmer Steinach und Rotem Main bei Bayreuth, Unterer Steinach, Schorgast und Weißem Main bei Kulmbach sowie Südlicher Regnitz und Sächsischer Saale bei Hof (vgl. Karte 4.1)

     

  • Bei der Anlage und Pflege von trassenbegleitenden Grünflächen sollte verstärkt auf die Entwicklung naturraumtypischer Lebensräume und Landschaftsstrukturen geachtet wer­den. Als geeignete Maßnahmen sind zu nennen:

    • extensive Pflege von Straßen- und Bahnböschungen unter Verzicht des Einsatzes von Düngemitteln und Pflanzenbehandlungsmitteln,
    • Zulassen natürlicher Sukzessionsprozesse und Schaffung neuer Pionierstandorte,
    • Anlage landschaftsgliedernder Alleen, Baumreihen und Hecken.

     

  • Soweit möglich sollen bestehende Trennwirkungen durch Anlegen von Durch­lässen, Unter- oder Überführungen gemindert werden.
  • Beim Neubau von Verkehrstrassen sollten notwendige Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen schwerpunktmäßig in den „Suchräumen für Kompensationsmaßnahmen“ (vgl. Kap. 11.9) erfolgen und zur Verwirklichung des in Karte 6 und Kapitel 7 dargestellten landschaftlichen Leitbildes und damit zum Aufbau eines regionalen Biotopverbunds beitragen. Wenn möglich, sollten verzichtbare Verkehrsflächen rückgebaut und entsiegelt werden. Zerschneidungswirkungen sollten durch ausreichend dimensionierte Brückenbauwerke, Durchlässe und Unterführungen so gering wie möglich gehalten werden.
  • Überschüssige Aushubmassen sollen möglichst im Siedlungsbereich entlang der Hauptverkehrswege als Wälle zur Verbesserung des Lärmschutzes abgelagert werden.

Besondere Einzelhinweise (s. Karte 6)

V 1         Ortsumgehung Oberkotzau im Zuge der St 2177

Für die geplante Ortsumgehung stehen derzeit zwei Varianten zur Diskussion: Eine West- und eine Ostumfahrung. Aus Sicht des Naturschutzes und der Land­schaftspflege ist eindeutig die Westumgehung zu favorisieren. Die Ostumgehung quert mit der Sächsischen Saale, der Lamitz und der Schwesnitz drei Gewässer, welche aufgrund hervorragenden Lebensraumqualitäten, hervorragender Standorteigenschaften für gefährdete Arten und hervorragender Auen­funktionsräume besonders schutzbedürftig sind und die Voraussetzungen zur Ausweisung als landschaftliches Vorranggebiet erfüllen. Der gesamte Bereich östlich von Oberkotzau ist zudem von besonderen Landschaftsbildqualitäten und hervorragender Bedeutung für die stadtnahe Erholung. Sächsische Saale und Lamitz sind darüber hinaus als Kaltluftleitbahnen für die Stadt Hof von Bedeutung.

Als Konfliktschwerpunkte der Westumgehung sind die Querungen von Parnitz und insbesondere Porschnitz hervorzuheben, welche in Teilbereichen ebenfalls hohe Lebensraumqualitäten aufweisen. Die Probleme sind hier jedoch deutlich geringer als bei der Ostvariante.

V 2         Ortsumgehung Rothwind-Fassoldshof im Zuge der B 289

Die Ortsumgehung verläuft am Rande der Obermainaue, die hier aber bereits durch eine Bahnlinie vom Gewässer und dem eigentlichen Überschwemmungsgebiet abgetrennt ist. Das betroffene Gebiet weist z.T. allerdings noch Böden mit hervorragenden Standorteigenschaften für die Biotopentwicklung auf. Diese Bereiche werden noch überwiegend als Grünland genutzt und besitzen hohe Lebens­raumqualitäten. Das gesamte Gebiet weist zudem eine hervorragende Bedeutung für die stadtnahe Erholung auf. Die Trassierung ist daher mit erheblichen Beeinträchtigungen für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild verbunden, die allerdings durch die bestehenden Vorbelastungen der B 289 und der Bahn­linie etwas relativiert werden. Erforderliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sollen u. a. zur Aufwertung der Obermainaue bei Mainleus genutzt werden.

V 3         Ortsumgehung Melkendorf im Zuge der St 2190

Die Ortsumgehung verläuft südöstlich von Melkendorf über Landwirtschaftsflächen mit mittlerer Bedeutung für Arten und Lebensräume. Aufgrund der eher durch­schnittlichen Qualitäten des Naturhaushalts, der Nähe zu dicht besiedelten Bereichen und den Vorbelastungen durch das bereits bestehende Straßennetz sind die Konflikte mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei dieser Trasse relativ gering.

V 4         Ausbau Kulmbach/ Ost - Untersteinach im Zuge der B 289

Die geplante Ortsumgehung Untersteinach macht zwei Querungen der Schorgast erforderlich und beansprucht dabei z. T. durch Grünland geprägte Auenbereiche mit hervorragenden Qualitäten für die Sicherung von Auenfunktionen, hervorragenden Standorteigenschaften für gefährdete Arten sowie mittleren bis hohen Lebensraumqualitäten. Der gesamte Bereich weist eine hervorragende Bedeutung für die stadtnahe Erholung auf und ist z. T. als Kaltluftleitbahn für die Stadt Kulmbach von Bedeutung. Die Trassierung ist daher mit erheblichen Beeinträchtigungen für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild verbunden, die allerdings durch die bestehenden Vorbelastungen der B 289 und einer Bahnlinie etwas relativiert werden. Die Trasse verläuft darüber hinaus im Nahbereich zweier NATURA 2000-Gebiete, so dass zu überprüfen ist, inwieweit eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

V 5         Ortsumgehung Döllnitz im Verlauf der St 2689

Die Ortsumgehung verläuft auf überwiegend ackerbaulich genutzten Flächen mit mittlerer Bedeutung für Arten und Lebensräume und besonderer Bedeutung für die naturbezogenen Erholung. Die Böden weisen nur allgemeine Funktionen auf. Insgesamt sind damit die Konflikte mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege als relativ gering einzuschätzen.

V 6         Ortsumfahrung Harsdorf im Zuge der St 2183

Die Trasse verläuft innerhalb der Trebgastniederung über Böden mit hervorragenden Standortqualitäten für gefährdete Arten. Der überwiegende Teil dieses Bereichs ist durch Grünland mit hoher Lebensraumbedeutung geprägt. Der gesamte Landschaftsraum ist zudem von besonderer Bedeutung für die naturbezogene Erholung. Die Linienführung ist insgesamt mit erheblichen Beeinträchtigungen für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild verbunden. Diese Konflikte lassen sich allerdings durch eine möglichst enge Bündelung mit der vorhandenen Bahntrasse vermindern.

V 7         Ortsumfahrung Weißenstadt im Zuge der St 2180

Die südlich von Weissenstadt verlaufende Trasse führt über Grünland- und Acker­flächen sowie durch Waldrandbereiche mit hoher Bedeutung für Arten und Lebens­räume. Zudem werden mehrere Seitenbäche der Eger gequert und in Teilbereichen Böden mit hervorragender Bedeutung als Standort für gefährdete Arten und Lebensgemeinschaften beansprucht. Für die naturbezogene Erholung sind die Waldbereiche von hervorragender, die übrigen Bereiche von besonderer Bedeutung. Insgesamt ist die Ortsumgehung mit erheblichen Beeinträchtigungen für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild verbunden. Zur Verminderung dieser Beeinträchtigungen soll eine Inanspruchnahme der Waldbereiche vermieden und die Ausfädelung aus der St 2180 so gewählt werden, dass Beeinträchtigungen von Nebengewässern der Eger wie insbesondere der Alten Eger minimiert werden.

V 8         Ortsumgehung Marktleuthen im Zuge der St 2177/2179

Die Ortsumgehung verläuft im Halbkreis westlich um Marktleuthen herum und quert hierbei als Konfliktschwerpunkt den Verlauf der als NATURA 2000-Gebiet ausgewiesenen Egerniederung. Die Niederung weist im Querungsbereich eine sehr hohe aktuelle Lebensraumqualität, eine besondere Bedeutung als Auenfunktionsraum sowie Böden mit hervorragenden Standortqualitäten für gefährdete Arten auf. Zudem kommt den durch das Straßenbauvorhaben beanspruchten Landschaftsräumen zu großen Teilen eine besondere Bedeutung für die naturbezogenen Erholung zu. Insgesamt ist die Ortsumgehung mit erheblichen Beeinträchtigungen für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild verbunden. Das Vorhaben ist zudem nur zulässig, soweit keine erheblichen Beeinträchtigungen der nach den Erhaltungs­zielen maßgeblichen Bestandteile des NATURA 2000-Gebietes Egerniederung zu erwarten sind. Zur Klärung dieses Sachverhalts ist eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchzuführen.

V 9         Ortsumfahrung Waldershof im Zuge der St 2177/2121

Zur Umgehung von Waldershof stehen eine nordwestliche Linienführung mit Untervarianten und eine südöstliche Trassierung zur Diskussion. Konfliktschwerpunkte der Süd-Ost-Trassierung sind drei Querungen von Nebengewässern der Kösseine (u. a. Steinbach und Walbenbach) und deren grünlandgeprägtern Niederungsbereiche, welche aktuell eine mittlere Lebensraumbedeutung aufweisen. Die Nord-West-Varianten machen z. T. eine Querung der Kösseineniederung erfor­derlich, welche ebenfalls mittlere aktuelle Lebensraumqualitäten aufweist. Aller­dings existieren in diesem Bereich Untervarianten mit welchen sich eine zusätzlich Querung der Kösseine vermeiden lässt und welche sich durch die vergleichs­weise kürzesten Neubaustrecken und damit den geringsten Flächenverbrauch auszeichnen. Diese Varianten, welche ausschließlich über Flächen mit allgemeiner Bedeutung verlaufen, sind mit vergleichsweise geringen Konflikten für Natur und Landschaft verbunden und daher nach derzeitigem Kenntnisstand aus Sicht des Naturschutzes und der Landschaftspflege klar zu favorisieren.

V10       Ost-West Verbindung Fichtelgebirge

Für die in Planung befindliche Ost-West Verbindung Fichtelgebirge bestehen noch keine konkreten Trassen sondern lediglich Überlegungen zu grundsätzlich geeigneten Korridoren (www.regierung.oberfranken.bayern.de). Auf eine kartographische Darstellung der Linienführung wird daher in Karte 6 verzichtet. Eine Beschreibung der möglichen Konflikte einer derartigen Verbindung enthält Kapitel 4.3, Tabelle 17. Als möglicher Konfliktschwerpunkt ist damit insbesondere die Querung des Fichtelgebirges anzusehen. Um die mit dem Straßenbauvorhaben verbundenen Umweltkonflikte zu minimieren, sollten folgende Maßnahmen vorgesehen werden:

  • Vermeidung der Beeinträchtigung großräumig unzerschnittener Wälder des Fichtelgebirges durch ausreichend dimensionierte Tunnelbauwerke.

  • Vermeidung/Verminderung sonstiger Zerschneidungseffekte durch geeignete Maßnahmen wie z.B. Grünbrücken oder Amphibientunnel.

  • Erhaltung der Retention-, Lebensraum- und Biotopverbundfunktionen von Fließgewässern durch Brückenbauwerke von ausreichender lichter Höhe und Weite.


 

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