11.9    Suchräume für Kompensationsmaßnahmen

Das Baugesetzbuch eröffnet für die Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung die Möglichkeit einer räumlichen und zeitlichen Trennung zwischen Eingriff und Ausgleich, soweit dies mit den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, den Zielen der Raumordnung sowie einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu vereinbaren ist. Das LEK definiert in diesem Zusammenhang die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege für die regionale Ebene, indem es Entwicklungsziele für einzelne Landschaftsteile und rahmenhaft Suchräume für Kompensationsmaßnahmen benennt. Durch die gemeindliche Landschaftsplanung sollen diese Vorgaben weiter konkretisiert werden. Hierdurch bietet sich die Möglichkeit, die zur Umsetzung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung erforderlichen Ausgleichs­maßnahmen zu bündeln und unter Berücksichtigung großräumig-funktionaler Zusammenhänge zur Verbesserung des Biotopverbundes in der Region Oberfranken-Ost beizutragen. In gleicher Weise kann bei der Umsetzung der vorhabensbezogenen Eingriffsregelung hinsichtlich der Ersatzmaßnahmen (Art. 6a Abs. 3 BayNatSchG) verfahren werden, da auch hier ein gelockerter räumlich-funktionaler Zusammenhang zum Eingriff zulässig ist. Dabei sollen aus Sicht des Naturschutzes und der Landschaftspflege folgende Grundsätze beachtet werden:

  • Der Ausgleich soll grundsätzlich in dem vom Eingriff betroffenen Naturraum durchgeführt werden, um Ungleichgewichte zwischen den Naturräumen zu vermeiden.

  • Der räumlich-funktionale Bezug zwischen Eingriff und Ausgleich soll weitestgehend gewahrt werden, d. h es sollen nach Möglichkeit die vom Eingriff betroffenen Funktionen und Lebensraumtypen wiederhergestellt sowie die jeweils betroffenen Landschaftsräume berücksichtigt werden.

Beispiel:

  • Eingriffe in Grünlandbereiche sollen durch Wiederherstellung von Grünland und nicht durch die Entwicklung von Gehölzstrukturen ausgeglichen werden.

  • Eingriffe in Auenbereichen sollen durch Aufwertung von Auenbereichen ausgeglichen werden, Eingriffe auf den Hochflächen der Fränkischen Alb sollen auch auf den Hochflächen ausgeglichen werden.

Durch diese Grundsätze soll vermieden werden, dass es zu einer einseitigen Bevorzugung besonders kostengünstig herzustellender oder zu pflegender Lebensraumtypen oder einer allein aus Gründen der Flächenverfügbarkeit resultierenden Maßnahmenkonzentration kommt, durch welche letztlich die Ziele der Eingriffsregelung, d. h. die Bewahrung des Status Quo verfehlt werden können. Vielmehr soll den räumlichen und funktionalen Beziehungen innerhalb verbesserungs­bedürftiger Landschaften oberste Priorität eingeräumt werden. Dazu ist eine Analyse insbesondere der Werte, Funktionen, Aufwertungspotenziale und naturschutzfachlichen Entwicklungsziele eines von Eingriffen betroffenen Landschaftsraums erforderlich. Diese können dem LEK entnommen werden, da dieses gegliedert nach Schutzgütern und bezogen auf Landschaftsfunktionen Analysen, Bewertungen, Konfliktermittlungen und insbesondere naturschutzfachliche Entwicklungsziele in einem größeren räumlichen Kontext liefert. Dies ermöglicht eine Voreinschätzung der voraussichtlich beeinträchtigten Funktionen und der für Kompensationsmaßnahmen geeigneten Flächen, welche jedoch keinesfalls eine detaillierte Eingriffs-Ausgleichsbilanz ersetzen kann.

Um eine hohe Effizienz der Kompensationsmaßnahmen zu erreichen, sollen diese bevorzugt in Landschaftsteilen realisiert werden, welche derzeit nur suboptimale Qualitäten für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild aufweisen, zugleich aber aufgrund ihrer standörtlichen Gegebenheiten und/oder ihrer engen räumlichen Beziehung zu hochwertigen Landschaftsteilen hervorragende Aufwertungspotenziale aufweisen. Hier können sich mit vergleichsweise geringem Aufwand relativ hohe Aufwertungseffekte erzielen lassen bzw. die Wahrscheinlichkeit, dass Ausgleichsmaßnahmen ihre erwünschte Wirkung erzielen ist hier vergleichsweise hoch. Als Suchräume für Kompensationsmaßnahmen kommen deshalb insbesondere in Frage:

1. Priorität:

Bereiche mit mittlerer oder geringer aktueller Lebensraumbedeutung bzw. sonstige suboptimale Gebiete (siehe Karte 1.4), welche entweder ein hohes Entwicklungspotenzial aufgrund der PNV aufweisen (siehe Karte 1.4) oder über Böden mit hervorragenden oder besonderen Eigenschaften als Standorte für gefährdete Arten liegen (siehe Karte 4.1 ohne Waldstandorte) und sich zudem im Bereich von Biotopverbundachsen zwischen höherwertigen Lebensräumen erstrecken (siehe Karte 4.4). I. d. R. entsprechen diese Flächen den vorgeschlagenen landschaftlichen Vorbehaltsgebieten im Bereich von Biotopverbundachsen ausschließlich der Waldgebiete (siehe Karte 7).

2. Priorität:

Bereiche mit mittlerer oder geringer aktueller Lebensraumbedeutung (siehe Karte 1.4), welche entweder ein hohes Entwicklungspotenzial aufgrund der PNV aufweisen (siehe Karte 1.4) oder über Böden mit hervorragenden oder besonderen Eigenschaften als Standorte für gefährdete Arten liegen (siehe Karte 4.1 ohne Waldstandorte), sich aber außerhalb von Biotopverbundachsen erstrecken bzw. weiter entfernt von hochwertigen Lebensräumen liegen (siehe Karte 7). I. d. R. entsprechen diese Flächen den vorgeschlagenen landschaftlichen Vorbehaltsgebieten ausschließlich der Waldgebiete und außerhalb der Biotopverbundachsen (siehe Karte 7).

Den Erläuterungen zu den vorgeschlagenen landschaftlichen Vorbehaltsgebieten sowie den Zielkonzepten Arten und Lebensgemeinschaften sind Hinweise zu den Entwicklungszielen für die verschiedenen Landschaftsräume zu entnehmen. Maßnahmen, die diesen Entwicklungszielen wiedersprechen, wie beispielsweise Aufforstungen in Gebieten in welchen die Erhaltung von Offenlandlebensräumen angestrebt wird, können nicht als Ausgleichsmaßnahmen anerkannt werden und erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 1a (3) BauGB für die räumliche und zeitliche Trennung zwischen Eingriff und Ausgleich (Vereinbarkeit mit den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege).

Beispiel:

Die bei Helmbrechts geplanten gewerblichen Bauflächen führen zu Beeinträchtigungen in der Niederung der Selbitz und in angrenzenden Randbereichen der Münchberger Hochfläche. Ausgleichmaßnahmen für nicht vermeidbare Beeinträchtigungen sollen mit erster Priorität in den entwicklungsbedürftigen Abschnitten der für den Biotopverbund bedeutsamen Selbitzniederung durchgeführt werden. Diese Abschnitte sind in Karte 7 als landschaftliches Vorbehaltsgebiet 393.9 „Entwicklungsbereiche der Selbitz“ dargestellt. In den Erläuterungen zum Vorbehaltsgebiet sowie den entsprechenden schutzgutspezifischen Zieltexten sind die wesentlichen Entwicklungsziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege benannt, die in diesem Raum durch geeignete Maßnahmen realisiert werden sollen. Mit 2. Priorität bietet sich das landschaftliche Vorbehaltsgebiet 393.6 „Biotopverbundsystem Münchberger Hochfläche / Einzugsgebiet der Selbitz“ als Suchraum für Ausgleichs­maßnahmen an. Dieses Gebiet umfasst die kleinen Tälchen und Niederungen diverser kleiner Bachläufe im Einzugsgebiet der Selbitz und anderer Fließgewässer der Münchberger Hochfläche, welche aufgrund ihrer feuchten oder wechselfeuchten Stand­orte besondere Entwicklungspotenziale für Arten der Feuchtlebensräume aufweisen. Anders als die Selbitzniederung liegt dieses Gebiet nicht innerhalb bedeutsamer Biotop­verbundachsen und ist daher nur zweite Priorität.

 



 

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