Teil A
Grundlagen und Bewertungen



1 Zielsetzung des Landschaftsentwicklungskonzeptes

Verbindliche Regionalpläne gibt es in Bayern seit 1989 für alle Regionen. Sie enthalten als naturschutzfachlichen Beitrag das Kapitel B I „Natur und Landschaft" sowie natur­schutzfachliche Aussagen in anderen Fachkapiteln. Diese Beiträge entstammen den regiona­len Landschaftsrahmenplänen. Sie wurden von den höheren Naturschutzbehörden ab 1976 aus­gearbeitet und von den Bezirksplanungsstellen im Benehmen mit den höheren Naturschutzbehörden mit anderen Fachbeiträgen abgestimmt.

Auf diese Weise erfolgte eine primäre Integration der Landschaftsrahmenpläne in die Regionalpläne. Die Landschaftsrahmenpläne erschienen nicht als eigenständige Fachbeiträge und wurden seit ihrer Aufstellung überwiegend nicht fortgeschrieben. Heute entbehren sie einer so detaillierten Datenbasis, wie sie u. a. durch Biotopkartierung, Artenschutzkartierung, Arten- und Biotopschutzprogramm und Landschaftspflegekonzept Bayern zur Verfügung steht.

Inzwischen wurden die Regionalpläne verschiedener Regionen Bayerns im Zuge von Teil- und Sonderfortschreibungen geändert, die u. a. durch raumbedeutsame wirtschaftliche Entwicklungen not­wendig wur­den. Mit diesen Entwicklungen können Auswirkungen einhergehen, die durch verantwortungsvolle und umweltschonende Zielsetzungen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben gem. Art. 6a des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) und § 19 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) zu vermeiden oder zumindest zu mindern sind.

Eine Reihe neuer Gesetze und Richtlinien hat sich seit Beginn der Bearbeitung des letzten Landschaftsentwicklungskonzepts (Region 3, Main-Rhön) ergeben, die z. T. neue bzw. veränderte Grundlagen für die Landschaftsrahmenplanung bilden:

  • Seit dem 04.04.2002 gilt ein neues Bundesnaturschutzgesetz (BGBL 2002, Teil I Nr. 22), seit 1998 das neue Bayerische Naturschutzgesetz. Ein innovativer Kernpunkt des Bayerischen Naturschutzgesetzes ist der Aufbau eines Biotopverbundsystems, der nun auch im § 3 BNatSchG verankert ist. Das BayNatSchG regelt auch Zulässigkeitsvoraussetzungen und Restriktionen für NATURA 2000-Gebiete.

  • 1997 wurde das neue Raumordnungsgesetz verabschiedet. Es wird getragen von der Leitvorstellung einer im umfassenden Sinne nachhaltigen Raumentwicklung, die soziale und wirtschaftliche Ansprüche mit den ökologischen Funktionen eines Raums in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, grossräumig ausgewogenen Ordnung führt. Es betont die notwendige Sicherung und Sanierung von entsprechenden Raumfunktionen und benennt u. a. als Instrument der Landesplanung grossräumige Freiraumstrukturen. Ausdrücklich weist es auf die Möglichkeit gemeindeübergreifender Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen hin, für die Konzeptionen v. a. in Verdichtungsräumen empfehlenswert sind.

  • Die neuen Bodenschutzgesetze von Bund (1998) und Land Bayern (1999) stellen u. a. den Aspekt des sparsamen Bodenverbrauchs, die Erhaltung und Wiederherstellung der Bodenfunktionen sowie die Sanierung von Altlasten in den Vordergrund.

  • Die Ende 2000 in Kraft getretene Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft zielt auf die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Schutz der Oberflächengewässer einschliesslich Küstengewässer und des Grundwassers in der Europäischen Gemeinschaft ab. Sie zeigt Ziele und einzuhaltende Gütestandards für einen guten ökologischen, chemischen und mengenmässigen Zustand auf und benennt Fristen zur Umsetzung von Massnahmenprogrammen zur Einhaltung bzw. Erreichung dieser Gütestandards.

  • Gegenwärtig befindet sich die aktuelle Fortschreibung des bayerischen Landesentwicklungsprogramms von 1994 im Entwurfsstadium. Es soll vor dem Hintergrund eines fortschreitenden Ressourcenverbrauchs und bestehender Umweltbelastungen als langfristiger Orientierungsrahmen Wege zu einer nachhaltigen Entwicklung aufzeigen, mit dem Leitgedanken eines umweltgerechten Wohlstands für Generationen. Das neu eingeführte Leitprinzip der Nachhaltigkeit räumt nach wie vor allen Teilräumen gleiche Entwicklungschancen ein; diese müssen jedoch im Sinne einer nachhaltigen Raumentwicklung hinsichtlich ihrer ökologischen und sozialen Tragfähigkeit sowie ihrer Dauerhaftigkeit gewichtet und abgewogen werden. Konsequenzen daraus stellen beispielsweise die prioritäre Förderung der Innenentwicklung und Wiedernutzung von Brachflächen in Siedlungsbereichen oder Regelungen zu neuen Vorranggebieten für den Hochwasserschutz dar.

Die verbesserte Datengrundlage, die bisher geringe Wirksamkeit des Planungsinstru­mentes "Landschaftsrahmenplan", die unverminderte Beanspruchung von Natur und Land­schaft, neue rechtliche Rahmenbedingungen, aber auch das gestiegene Umweltbewusstsein und nicht zuletzt die Möglichkeit, vorhandene umfangreiche Datensammlungen EDV-technisch verwalten und aktualisieren zu können, begründen die Notwendigkeit der Fortschreibung der Landschaftsrahmenplanung und stellen diese auf eine breiter angelegte und fachlich fundiertere Basis.

Hierzu soll für jede Region ein sogenanntes "Regionales Landschaftsentwicklungskonzept" (LEK) als landschaftsplanerisches, nur innerfachlich abgestimmtes Fachkonzept erstellt wer­den. Es soll die Grundlage für die Integration der naturschutzfachlichen Ziele in die Regio­nalpläne darstellen und durch laufende Fortschreibung als Entscheidungsgrundlage für die Naturschutz­behörden dienen (Brandes & Lippert 1992, LfU 1997).

Nach dem Pilotprojekt "Fortschreibung der Landschaftsrahmenplanung in der Region Ingolstadt als regionales Ent­wicklungskonzept (LEK)", dem „Landschaftsentwicklungskonzept Region Landshut“ und dem „Landschaftsentwicklungskonzept Region Main-Rhön“ stellt das vorliegende „Landschaftsentwicklungskonzept der Region Oberfranken-Ost“ das vierte Fachkonzept dieser Art in Bayern dar.

Die Region Oberfranken-Ost lässt sich durch folgende Eigenschaften und regionalplanerische Aspekte charakterisieren, welche die Erarbeitung eines Landschaftsentwicklungskonzeptes sinnvoll und notwendig erscheinen lassen:

  • Über 85 % der Region werden als ländlicher Raum eingestuft, der überwiegend intensiv land- und forstwirtschaftlich genutzt wird. Landwirtschaftliche Rückzugsräume finden sich in geomorphologisch oder klimatisch ungünstigeren Lagen.

  • Konkurrierende Raumansprüche konzentrieren sich auf Grund der politischen Entwicklungen der letzten Jahre räumlich entlang verschiedener Entwicklungsachsen, die sich an den Bundesautobahnen orientieren, u. a. Nürnberg – Bayreuth – Landesgrenze Thüringen, Bayreuth – Kulmbach oder Hof – Schwarzenbach a. d. Saale. Damit verbunden ist eine beschleunigte Ausweisung von Gewerbegebieten entlang der Autobahnen.

  • Der Aus- bzw. Neubau einer Ost-West-Verbindung vom Raum Bayreuth über das Fichtelgebirge bis zum Grenzübergang Schirnding wird gegenwärtig diskutiert.

  • Die Region besitzt Landschaftsräume mit erheblicher Bedeutung für die Erholungs- und Freizeitnutzung. Hierzu zählen v. a. die Naturparke Fichtelgebirge, Frankenwald, Steinwald und Fränkische Schweiz-Veldensteiner Forst. Die Erhaltung und Pflege der Eigenart dieser Landschaften ist in engem Zusammenhang mit ihrer Bedeutung als Urlaubs- und Erholungsziel zu sehen. Die Attraktivität der Landschaft ist mitentscheidend für die Besucherzahlen. Übermässiges Siedlungswachstum, Infrastrukturausbau oder andere Verluste der Eigenart, wie z.B. durch die Intensivierung der Landnutzung (sowohl in der Land- als auch der Forstwirtschaft) können den Wert einer Erholungsregion herabsetzen.                                                                
    Gerade in den wertvollen Erholungsgebieten der Region kam es in den vergangenen Jahren, v. a. in Bereichen mit Grenzertragsböden, zu einem Verlust zahlreicher ursprünglich prägender Kulturlandschaftselemente (z.B. Bergwiesen, feuchte Talwiesen von Frankenwald und Fichtelgebirge, Wacholderheiden, Trockenrasen der Frankenalb) durch Aufforstung mit einheitlichen und wenig typischen Fichtenbeständen. In Gebieten mit besseren Ertragsbedingungen führte die Intensivierung der Landwirtschaft ebenfalls zu einer Überprägung der Eigenart (z.B. Strukturverlust in Hecken- und Terrassenlandschaften). Mit dem Schwinden des gebietstypischen Charakters ist neben dem Verlust von Lebensräumen für schützenswerte Pflanzen und Tiere auch der Rückgang der Attraktivität für Erholungssuchende verknüpft.

  • Die Region weist eine vergleichsweise hohe Dichte an naturschutzfachlich sehr wertvollen Landschaften auf. Zu nennen wären z.B. die Moore, die Feuchtgebiete (v. a. in den Talräumen) und die noch naturnahen und unzerschnittenen Waldabschnitte der Mittelgebirge, die Heckenlandschaften und Trockenlebensräume der Frankenalb und des Obermainischen Hügellandes sowie die Laubhangwälder, Hutungen, Felsbiotope und Magerrasen der Frankenalb. Auch diese Lebensräume sind – mit Ausnahme der Hangwälder – auf Grund der im vorigen Punkt beschriebenen Problematik gefährdet.

  • Die Problematik der Grundwasserarmut und -gefährdung in den Thüringisch-Fränkischen Mittelgebirgen und der Frankenalb (aus unterschiedlichen Gründen), sowie die damit einhergehende Belastung der Oberflächengewässer.

  • Die Problematik der Zersiedelung der Landschaft durch die Zunahme von Wohn- und Gewerbeflächen in immer weiter von den eigentlichen Entwicklungszentren entfernten Gebieten.

Anfang 2001 wurde von der Regierung von Oberfranken die Arbeitsgemeinschaft aus der Planungsgruppe Ökologie + Umwelt und der ANUVA Land­schafts­planung mit der Bearbeitung des Landschaftsentwicklungskonzepts für die Region Oberfranken-Ost – unter Mitwirkung einer projektbegleitenden Arbeitsgruppe – beauftragt.

Der vorliegende Band gehört neben einem Methodikband zum Abschlussbericht vom April 2003 des Landschaftsentwicklungskonzeptes der Region Oberfranken-Ost. Der Teil A enthält die Ergebnisse der Landschaftsanalyse und -bewertung. Die im Teil B entwickelten Zieltexte sollen die fachliche Grundlage für einen Fort­schreibungs­entwurf des Kapitels B I des Regionalplans der Region 5 bilden. Sie wurden deshalb jeweils in fettgedruckte Zieltexte und normalgedruckte Begründungstexte gegliedert.

Die kartographische Darstellung der Ergebnisse erfolgt im Massstab 1:100.000 und umfasst die

  • Darstellung der Schutzgüter (6 Karten),

  • Darstellung der Nutzungen (3 Karten),

  • Darstellung der Konflikte (4 Karten),

  • Darstellung der Ziele (9 Karten).

Vgl. hierzu nachfolgende Tabelle:

Tab. 1:      Kartenübersicht

Karten-Nr.

Thema

Schutzgüter

1.1

Boden

1.2

Wasser

1.3

Luft und Klima

1.4

Arten und Lebensräume

1.5

Landschaftsbild, Landschaftserleben

1.6

Historische Kulturlandschaft

Nutzungen

2.1

Flächige Nutzung

2.2a

Sonstige Nutzung (Schutzgutbezogene Inhalte)

2.2b

Sonstige Nutzung (Infrastruktur, technische regionalplanerische Inhalte)

Konflikte

3.1

Boden –Luft und Klima

3.2

Wasser

3.3

Arten und Lebensräume

3.4

Landschaftsbild und Landschaftserleben

Ziele

4.1

Boden

4.2

Wasser

4.3

Luft und Klima

4.4

Arten und Lebensräume

4.5

Landschaftsbild, Landschaftserleben und historische Kulturlandschaft

5

Innerfachlicher Zielabgleich

6

Leitbild Landschaftsentwicklung

7a

Sicherungsinstrumente (Naturschutzfachlicher Vorschlag zur Darstellung regionalplanerischer
Sicherungsinstrumente)

7b

Sicherungsinstrumente (Schutzgebiete, Darstellung gem. Musterkarte)

 

 


 

 

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