3.8.2      Prognose zukünftiger Entwicklung

Neben der Ermittlung der aktuellen Raumnutzungen soll nachfolgend in einer groben Prognose abgeschätzt werden, ob und in wieweit sich einzelne Nutzungen hinsichtlich ihrer Art und Intensität zukünftig verändern werden und welche möglichen Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten sind. Dabei stehen vor allem die Nutzungen im Vordergrund, welche auf Grund ihrer flächenhaften Ausprägung am stärksten den Naturhaushalt und das Erscheinungsbild einer Landschaft beeinflussen, wie insbesondere Land- und Forstwirtschaft.

Eine derartige Prognose ist bei den im Rahmen des LEK zur Verfügung stehenden Mitteln mit großen Unsicherheiten behaftet und soll daher nur eine grobe Orientierung bieten, welche Entwicklungstendenzen und daraus resultierende Handlungsspielräume bzw. Handlungserfordernisse zukünftig im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung in der Region Oberfranken-Ost beachtet werden sollten.

Als wesentliche Rahmenbedingungen, die sich vermutlich maßgeblich auf die Entwicklung der Flächennutzungen in der Region Oberfranken-Ost auswirken werden, sind zu nennen:

·                Die Bevölkerungsentwicklung

·                Der Strukturwandel in der Landwirtschaft

·                Das Freizeit- und Reiseverhalten in der Gesellschaft

·                Die EU-Osterweiterung

Nach der Bevölkerungsprognose für die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms ist in der Region Oberfranken Ost auf Grund des ungünstigen Altersaufbaus der Bevölkerung und einer geringeren Zuwanderung mit einer Bevölkerungsabnahme von 1,1 % im Zeitraum von 1998 bis 2010 und weiteren 1,6 % im Zeitraum von 2010 bis 2020 zu rechnen. Unklar ist dabei, welche Auswirkungen die EU-Osterweiterung auf die Zuwanderung haben wird.

Diese Bevölkerungsabnahme wird sich in den verschiedenen Teilräumen der Region sehr unterschiedlich vollziehen. Soweit sich die Trends der jüngsten Vergangenheit fortsetzen, sind erhebliche Abnahmen insbesondere in den traditionellen Industriebereichen Hof, Naila, Münchberg, Wunsiedel und Selb zu erwarten. Um Bayreuth und Kulmbach dürfte sich der Bevölkerungsrückgang dagegen weniger bemerkbar machen.

Für Natur und Landschaft bedeutet dies, dass der Flächenverbrauch durch Siedlungserweiterungen in weiten Teilen der Region rückläufig sein dürfte und sich damit der Steuerungsbedarf aus Sicht des Naturschutzes verringert. Ausgenommen sind hiervon die Bereiche Kulmbach und Bayreuth, wo auch in den nächsten Jahren auf Grund des steigenden Pro-Kopf-Wohnbedarfs und vorhandener Suburbanisierungsprozesse eine umweltverträgliche Steuerung der Siedlungsentwicklung im Vordergrund stehen sollte.

Neben der Bevölkerungsentwicklung wird insbesondere der Strukturwandel in der Landwirtschaft von besonderer Bedeutung für die Entwicklung von Natur und Landschaft in der Region Oberfranken Ost sein. Große Teile der Region, insbesondere in der Fränkischen Alb und im Frankenwald, sind durch eine kleinteilige Agrarlandschaft geprägt, welche eine wesentliche Grundlage für die hohen Landschaftsbild- und Lebensraumqualitäten bildet.

Die klein- und mittelbetrieblich strukturierte Landwirtschaft der Region Oberfranken-Ost unterliegt bereits seit langem einem Strukturwandel, mit einem verstärkten Übergang zur Nebenerwerbslandwirtschaft, einer Reduzierung der Betriebszahlen und einer Vergrößerung der verbleibenden Betriebe. Erschwerend kommt dabei hinzu, dass vor allem im Fichtelgebirge, im Frankenwald und in Teilbereichen der Fränkischen Alb ertragsschwache Flächen mit ungünstigen Erzeugungsbedingungen überwiegen. Besonders ertragsschwache Grenzertragsstandorte werden dabei zunehmend aus der Bewirtschaftung genommen und häufig aufgeforstet. Dieser Prozess dürfte weiter anhalten und sich im Zuge der EU-Osterweiterung eher noch verstärken. Für die Entwicklung von Natur und Landschaft sind unter diesen Rahmenbedingungen im wesentlichen folgende Szenarien denkbar:

·             Erhaltung der kleinstrukturierten Kulturlandschaft

Dieses Szenario entspricht weitestgehend den derzeitigen Zielen der Regionalplanung. Danach soll auch in Bereichen mit weniger günstigen Erzeugungsbedingungen auf die Erhaltung der landwirtschaftlichen Nutzung hingewirkt werden und Hochflächen und Talwiesen insbesondere im Frankenwald, in der Fränkischen Alb und im Fichtelgebirge freigehalten werden.

Aus Sicht des Naturschutzes muss der Landwirtschaft dabei neben der Nahrungsmittelproduktion auch die Aufgabe der Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft und des Naturhaushalts zukommen und entsprechend gefördert werden. In diesem Sinne sollten auf den Grenzertragsstandorten beispielsweise extensive Formen der Flächenbewirtschaftung wie z.B. Schafhaltung gefördert werden. Hierdurch lassen sich die derzeitigen Qualitäten der kleinstrukturierten Kulturlandschaften für den Arten und Biotopschutz sowie für die Erholung erhalten und verbessern.

Zur Unterstützung dieses Szenarios werden insbesondere Maßnahmen zur Förderung der Direktvermarktung für natürlich erzeugte Lebensmittel und regionale Spezialitäten vorgesehen bzw. bereits realisiert. Unabhängig davon werden jedoch zusätzlich direkte Zuschüsse u. a. als Honorierung ökologischer Leistungen der Landwirtschaft unumgänglich sein. Aufgabe des Naturschutzes wird es dabei sein, in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft, den in diesem Sinne erforderlichen Mittelaufwand einzuschätzen und für eine entsprechende Bereitstellung zu sorgen. In welchem Umfang das Szenario kleinstrukturierte Kulturlandschaft realisierbar ist, wird im Wesentlichen von den verfügbaren Fördermitteln abhängen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Förderung zugleich der Tourismusförderung dient.

·            Waldlandschaft

Ohne gezielte Maßnahmen zur Erhaltung der kleinstrukturierten Kulturlandschaft erscheint insbesondere eine zunehmende Verwaldung der ertragsschwachen Bereiche in der Region Oberfranken-Ost als realistisch. Dies kann sowohl durch Aufforstung wie auch, aus Sicht des Naturschutzes günstiger, durch natürliche Sukzession erfolgen. Die sich ausbreitenden naturnahen Wälder dürften durchaus eine hohe Lebensraumqualität für Waldarten aufweisen, zugleich gehen aber die Struktur- und Biotopvielfalt sowie die Bedeutung für Erholung und Tourismus zurück. Öffentliche Mittel für Subventionen und Pflegemaßnahmen fallen in diesem Szenario kaum an, allerdings wäre ein Verlust zahlreicher Arbeitsplätze zu erwarten.

Neben den landwirtschaftlich genutzten Flächen sind bereits derzeit große Teile der Region Oberfranken-Ost forstwirtschaftlich genutzt, wobei Nadelwaldbestände überwiegen und in weiten Bereichen besondere Probleme durch Bodenversauerung bestehen. Entsprechend den Waldbaugrundsätzen für den bayerischen Staatswald, soll der Staatswald naturnah bewirtschaftet und naturnahe, stabile und leistungsfähige Mischwälder hergestellt werden. Mittelfristig sollte somit eine Verbesserung der Waldstrukturen in großen Teilen der Region zu erwarten sein. Wie sich die Versauerungsprobleme entwickeln ist derzeit schwer einzuschätzen. Zur Zeit liegen die Depositionsraten noch deutlich zu hoch, so dass dringender Handlungsbedarf besteht. Für die grenzüberschreitenden Schadstoffeinträge ist zu hoffen, dass hier eine deutliche Verbesserung im Zuge der EU-Osterweiterung und der damit verbundenen Übertragung von Umweltstandards eintritt.

Der Fremdenverkehr spielt vor allem in den mit besonderen Naturschönheiten ausgestatteten Fremdenverkehrsgebieten des Fichtelgebirges, des Frankenwaldes und der Fränkischen Schweiz eine erhebliche Rolle. Aber auch die zahlreichen Sehenswürdigkeiten in den traditionsreichen ostoberfränkischen Städten Bayreuth oder Kulmbach ziehen Jahr für Jahr viele Besucher an. Nach den Zielen der Regionalplanung soll dieser für die Region wichtige Wirtschaftszweig weiter gestärkt werden. In wieweit dies gelingen kann, wird in starken Maße davon abhängen, wie sich das zukünftige Freizeit- und Erholungsverhalten entwickelt. Aus Sicht des Naturschutzes ist grundsätzlich die Erhaltung eines intakten regionaltypischen Landschaftsbildes als Grundlage des Fremdenverkehrs herauszustellen. Die Bereitstellung von Mitteln für die Kulturlandschaftspflege dient somit zugleich der Tourismusförderung.

Die Folgen der EU-Osterweiterung für die Region Oberfranken-Ost sind derzeit nur schwer abzuschätzen. Neben positiven Wirtschaftseffekten durch eine Verminderung der Randlageneffekte kann sich auf Grund des Lohngefälles ein erhöhter Wettbewerbsdruck vor allem für die mittelständische Wirtschaft, das Handwerk und die Landwirtschaft ergeben. Darüber hinaus ist eine Erhöhung der Transitströme mit entsprechenden negativen Umwelteffekten nicht auszuschließen. Aus Sicht des Naturschutzes sollten insbesondere die umweltverträgliche Steuerung möglicher Infrastrukturmaßnahmen, wie beispielsweise eines weiteren Ausbaus der Verkehrsnetze, angestrebt und negative Effekte beispielsweise in der Landwirtschaft (beschleunigter Strukturwandel s. o.) begrenzt werden. Darüber hinaus sollten die Möglichkeiten für den grenzüberschreitenden Biotopverbund und den Aufbau des Netzes NATURA 2000 ausgeschöpft werden.


 

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