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3.7 Historische Kulturlandschaft (Karte 1.6) Erste Spuren menschlicher Siedlungstätigkeit stammen in der Region Oberfranken-Ost aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Sie konzentrieren sich auf die klimatisch begünstigten Lagen des Maintales und die Randbereiche der Fränkischen Alb. Lange Zeit waren weite Teile Oberfrankens relativ dünn besiedelt. Eine verstärkte, das Erscheinungsbild der Region prägende Besiedlung und Inkulturnahme der Landschaft begann im 8. Jahrhundert, als in der späten Merowingerzeit der fränkische „Staat“ seinen Einfluss entlang der Mainlinie und der alten Straßen gegen die Mittelgebirge hin ausdehnte. Der Schwerpunkt der Siedlungstätigkeit lag auch zu dieser Zeit zunächst im Bereich des Obermainischen Hügellandes, wo ein dünnes Siedlungsnetz aus Weilern und kleineren Dörfern entstand, welche die besten Lagen auf Lias- oder Keuperböden entlang erhöhter Uferränder von Gewässern einnahmen. Neben dieser fränkischen Besiedlung finden sich auch slawisch besiedelte Weiler und Einzelhöfe. Der Frankenwald, das Fichtelgebirge sowie die Selb-Wunsiedler und Münchberger Hochfläche werden erst ab dem 12. Jahrhundert durch Rodungssiedlungen erschlossen. Lediglich in klimatisch begünstigten Lagen wie dem Egertal oder dem Saalegebiet dürften bereits vorher exklavenartige slawische Siedlungen bestanden haben. 08 Nördliche Frankenalb Die Besiedlung der Nördlichen Frankenalb begann in karolingischer Zeit und war Ende des Hochmittelalters weitgehend abgeschlossen. Die wesentlichen noch heute erkennbaren Elemente der historischen Kulturlandschaft sind in diesem Raum neben zahlreichen Schlössern und Burgen insbesondere Wacholderheiden und Hüllweiher. Die Fränkische Alb ist eines der an Burgen und Schlössern reichsten Gebiete Deutschlands. Der Grund dafür kann in dem „dichten Netz von Verwaltungsorten ehemaliger Territorien oder Hauptorten von Ritterschaften“ zu suchen sein. Lange Zeit herrschte hier eine große territoriale Vielfalt vor, deren Verlust erst mit der Säkularisation 1803 begann. Die traditionelle Landwirtschaft auf der Frankenalb unterlag sehr den edaphischen Gegebenheiten. Während lehmige Bereiche von der Dreifelderwirtschaft geprägt waren, lagen sehr flachgründige Kalk- und Dolomitverwitterungsböden oft lange brach und wurden nur sporadisch zu Wölbäckern umgebrochen. Diese Brachflächen konnten am besten durch die Schafbeweidung in Wert gesetzt werden. Darüber hinaus wurden nicht in diese Egertenwirtschaft einbezogene steilere Berghänge und Kuppen als Hutungen genutzt, wodurch der Waldanteil weiter zurückgedrängt wurde. Die Schafbeweidung führte im Zusammenhang mit der Verringerung der Waldflächen zur Herausbildung von Wacholderheiden, indem licht- und wärmeliebende sowie gegen Trittbelastungen und Verbiss relativ unempfindlich Arten (wie z.B. dornige Sträucher) gefördert wurden. Ende des 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts erreichte die Schafbeweidung auf der Fränkischen Alb ihren Höhepunkt. Wacholderheiden waren zu dieser Zeit auf der Frankenalb weit verbreitet. In der darauf folgenden Zeit ließ das Interesse an der Schafhaltung mit dem Aufkommen der Baumwolle und überseeischer Konkurrenz immer mehr nach. Die Egerten wurden aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen und verbuschten bzw. wurden aufgeforstet. Die Waldweide wurde verboten und Triftsysteme durch zunehmende Siedlungsdichte behindert. Die Aufforstungen durch die Kiefer nahmen rasant zu. Die traditionellen Weidegründe schrumpften von ca. 15% auf heute 1% der landwirtschaftlichen Nutzflächen. Die ehemals typischen Wacholderheiden sind daher heute nur noch inselartig zu finden und bei unzureichender Beweidung oder Pflege durch Verbuschung bedroht. Noch gut erhaltene Wacholderheiden finden sich bei Hollfeld, Pottenstein und Wonsees (vgl. Böhmer/Bender 1999). Ein weiteres Charakteristikum der Nördlichen Frankenalb sind die in diesem Naturraum weit verbreiteten Hüllweiher bzw. Hülen. Aufgrund der stark verkarsteten Gesteine versickern Niederschläge rasch in den Untergrund und es herrscht auf der Albhochfläche ein Mangel an leicht verfügbarem Oberflächenwasser bzw. oberflächennahem Grundwasser. Die Anlage von Hüllweihern, in denen Niederschlagswasser gesammelt wurde, war daher eine wesentliche Grundlage für die Besiedlung der Alb. Dabei wurden vermutlich natürliche Vernässungsstellen als Standort bevorzugt, welche stellenweise durch Ablagerung lehmig-toniger Verwitterungsprodukte der Malmkalke zu finden sind. Eine besondere Vielzahl von Hülen oder Hüllweihern findet man im Südwesten des Planungsgebietes. Sie liegen sowohl in Ortschaften, als auch in der freien Landschaft und in Waldgebieten. Die Hülen wiesen vielfältige Funktionen auf und wurden als Speicher für Trink-, Brauch- oder Löschwasser sowie als Viehtränke genutzt. Im Wald und außerhalb der Ortschaften lieferten die Hüllweiher das nötige Kühlwasser für die Eisenschmelzerei und dienten zur „Graswäsche“, dem Waschen von Disteln und Unkraut, bevor es dem Vieh als Futter gereicht wurde. Vermutlich wurden Hüllweiher auch bevorzugt an Weggabelungen angelegt, um das abfließende Regenwasser mehrerer Wege aufzufangen und die Reisenden mit Wasser zu versorgen. Zur Erhaltung wurden die Weiher regelmäßig gepflegt, d. h. insbesondere entschlammt und von Gehölzen freigehalten. Mit dem Ausbau der modernen Wasserversorgung verloren die Hüllweiher ihre Funktion und sind mittlerweile durch Siedlungsentwicklung, Verfüllung oder Umbau zu Löschwasserbehältern zu großen Teilen verschwunden. Die verbliebenen Hülen sind häufig durch mangelnde Pflege und die Verlandung beschleunigende Nährstoffeinträge aus angrenzenden Flächen in ihrem Bestand bedroht (vgl. Dürer/Rapp/Rebhan 1995). 07 Obermainisches und Oberpfälzisches Hügelland Das Obermainische und Oberpfälzische Hügelland zählt zu den am frühesten und am dichtesten besiedelten Gebieten der Region Oberfranken-Ost mit bedeutsamen Städten wie Bayreuth und Kulmbach. Entsprechend findet sich hier eine besondere Häufung kulturhistorisch bedeutsamer Bausubstanz wie z.B. Residenzanlagen und in die Denkmalliste eingetragener Ensembles von Baudenkmälern. Als bedeutende Elemente der historischen Kulturlandschaft sind hier insbesondere die Heckenlandschaften an der Ködnitzer Weinleite, bei Lanzendorf und bei Stadt-steinach (Bergfeld) hervorzuheben. So haben sich in den Heckengebieten bei Stadtsteinach und Lanzendorf vermutlich noch auf das Mittelalter zurückgehende Flurstrukturen mit Lesesteinwällen und darauf stehenden Hecken weitgehend unverfälscht erhalten. Diese Hecken wurden ursprünglich insbesondere an den Außengrenzen der Äcker zu den Viehtriften und der Allmende (Gemeinschaftsweiden) hin angelegt, um das Vieh von den Äckern fernzuhalten. Auf den Besitzgrenzen zwischen den Ackerstreifen wurden hangparallel Leesesteine aufgehäuft, auf denen sich im Laufe der Sukzession ebenfalls Hecken entwickelten. Zudem führte die Bodenerosion zusammen mit der Bodenablagerung oberhalb der Leesesteinwälle mit der Zeit zur Herausbildung von Ackerterrassen. Die Hecken wurden in regelmäßigen Abständen von 5 bis 15 Jahren auf den Stock gesetzt und u. a. als Viehfutter (Laubheu) oder auch Brennholz genutzt (Hugel, B. 2000). Die Ködnitzer Weinleite ist als ehemaliger Weinberg durch senkrecht verlaufende Steinriegel gekennzeichnet, auf denen sich Hecken entwickelt haben. Diese Steinriegel dienten wahrscheinlich der Verbesserung des Mikroklimas für den Weinanbau durch Windschutz und Wärmespeicherung und gehen auf das 14. Jahrhundert zurück. 392 Nordwestlicher Frankenwald, 393 Münchberger Hochfläche, 411 Mittelvogtländisches Kuppenland und 412 Oberes Vogtland Der Frankenwald und die sich südlich anschließenden Münchberger Hochfläche sowie der bayerische Teil des Mittelvogtländischen Kuppenlandes wurden im wesentlichen erst im 12. Jahrhundert durch Rodungssiedlungen erschlossen. Charakteristisch für diese planmäßige, vom fürstbischöflichen Bamberg inszenierte und von lokalen Grundherren getragene Rodungspolitik sind die vielfach noch gut erkennbaren weiträumigen Rodungsinseln der Hochflächen mit den typischen Radial-Waldhufensiedlungen, d.h. insbesondere Rundangerdörfern mit radialer Breitstreifenflur. Als weiteres charakteristisches Merkmal der historischen Kulturlandschaft sind im Frankenwald die noch vorhandenen Elemente der Kulturlandschaft der Flößerei hervorzuheben. Schon im 12. Jahrhundert etablierte sich hier die Floßwirtschaft. Die wenig ertragreichen Böden, welche eine lohnende Landwirtschaft nicht zuließen und der enorme Holzreichtum im Bereich des Frankenwaldes führten dazu, dass sich die Bevölkerung früh auf den Floßholzhandel konzentrierte. Die zu diesem Zweck errichteten Anlagen für eine flößereigerechte Regulierung der Flüsse sind z.T. noch heute erkennbar. So wurden mäandrierende Gewässer begradigt und an den Talrand verlegt. Ufer wurden mit Steinen und Holz befestigt und teilweise sogar die Bachsohle gepflastert. Schwellen, Abstürze und Wehre dienten zur Überwindung von Höhenunterschieden. Kurz nach dem Quellbereich der Fließgewässer wurden Floßteiche angelegt, welche dazu dienten, auch in abflussarmen Zeiten, beispielsweise während der Sommermonate, eine ausreichende Wasserführung für die Flößerei zu erzeugen. Die Flößerei hatte aber nicht nur Einfluss auf die Gestalt der Gewässer, sondern trug auch in starken Maße zur Umwandlung der Waldbestände von einem laubwaldbetonten Mischwald hin zum Nadelwald bei, da Nadelholz wesentlich besser flößbar ist. Innerhalb des Untersuchungsgebietes sind Relikte der Flößereiwirtschaft insbesondere in den Tälern von Lamitz, Langenau und Rodach zu finden. (vgl. Blumbach/Kujas/Press 1999). Ein weiteres Charakteristikum des Frankenwaldes wie auch der Münchberger Hochfläche sind die Relikte des Bergbaus, welcher hier vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit betrieben wurde. Einblicke gibt hier unter anderem das Schaubergwerk bei Lichtenberg (Friedrich-Wilhelm-Stollen). 394 Hohes Fichtelgebirge, 395 Selb - Wunsiedler Hochfläche Die Besiedlung dieses Raumes begann randlich im 11.Jahrhundert (Wülfersreuth, Mitterteich). Die eigentlichen Kernbereiche wurden dagegen erst im 12. und 13.Jahrhundert durch Rodungssiedlungen erschlossen, wobei wie auch im Frankenwald Radial-Waldhufensiedlungen vorherrschten. Das Hohe Fichtelgebirge ließ auf Grund des Reliefs, der klimatischen Verhältnisse und der ertragsschwachen Böden in weiten Teilen kaum eine ackerbauliche Nutzung zu. Landwirtschaft wurde daher vor allem in Form von Viehzucht betrieben. Die gerodeten Flächen wurden zumeist als Hutungen genutzt, wodurch auf den flachgründigen, trockenen und basenarmen Böden Borstgrasrasen und Zwergstrauchheiden sowie sogenannte Blockstromheiden entstanden. Diese Blockstromheiden existieren heute nur noch in einzelnen Relikten (s. Karte). Typisch sind auch von Wald eingerahmte Bach-Wiesentäler und Waldwiesen. Die Waldflächen wurden ergänzend als Waldweide sowie in Form der Niederwaldbewirtschaftung zur Laubheugewinnung genutzt. Im Bereich der Selb - Wunsiedeler Hochebene waren die Voraussetzungen für die Landwirtschaft vergleichsweise günstiger. Siedlungen entstanden meist an flachen Hängen, in der Nähe von Quellaustritten oder an den Talrändern von Fließgewässern. Sie lagen inmitten großflächiger Rodungsbereiche, deren mittlere Lagen ackerbaulich genutzt wurden, während in den tieferen Talsenken Grünlandnutzung dominierte. Ein weiterer, die kulturlandschaftliche
Entwicklung des Fichtelgebirges und der Selb-Wunsiedler Hochfläche prägender
Faktor war die bergbauliche Nutzung. So setzte nach der Verleihung des Bergregals von Kaiser Ludwig dem Bayern an den Burggrafen Friedrich
IV von Nürnberg im Jahre 1323 ein intensiver Bergbau im Fichtelgebirge
ein. Während in Goldkronach insbesondere Gold und andere Metalle abgebaut
wurden, stand um Wunsiedel und Weißenstadt die Gewinnung von Zinn im Vordergrund,
welches in einfachen Zinnseifen (Gräben zur Auswaschung von Zinn) gewonnen
wurde. Heute noch sichtbare Zinnseifen befinden sich insbesondere in der
Seelohe zwischen Ochsenkopf und Schneeberg, entlang des Weißen Mains und
Paschenbachs bis zum Seehausparkplatz (Habel,
H. 1992). Das Goldbergbaugebiet um Goldkronach ist durch einen
Lehrpfad (Humboldtweg) sowie ein Schaubergwerk (Gabe-Gottes-Gang)
erschlossen. Ein weiteres Schaubergweg findet
sich bei Fichtelberg (Gleißinger Fels). Eisen wurde vor allem in den Erzgruben von Arzberg abgebaut. Um 1490 zählte man im Fichtelgebirge über 30 Eisenhämmer, welche die Wasserkraft der Flüsse und Bäche zur Verhüttung des Eisensteins nützten. Für diese Nutzungen wurde erheblich in das Flusssystem des Fichtelgebirges eingegriffen. So wurde Wasser der Steinach und des Mains über die Wasserscheide künstlich der Fichtelnaab zugeführt. Der Weiße Main würde richtigerweise am Seehaus zwischen Nußhardt und Seehügel entspringen, wenn nicht der Seehausbach im 18. Jahrhundert oberhalb des Fichtelsees in das System der Naab abgeleitet worden wäre. Alle größeren stehenden Gewässer des Fichtelgebirges, wie der Fichtelsee, der Karchesweiher, der Weißenstädter See oder der Nagler See, sind ehemalige Staubecken für Hammerwerke oder Trifteinrichtungen. Die Zinnseifenwäsche beeinflusste das Gewässernetz des Naturraumes ebenfalls, indem Bäche umgeleitet und neu angelegt wurden. Bereits mit der Besiedlung des Fichtelgebirges im Zeitraum von 1100 bis 1300 ist nach pollenanalytischen Untersuchungen ein massiver Rückgang von Buchen und Tannen und eine klare Dominanz von Fichten erkennbar. Im Weiteren bestand für den Bergbau und die Erzverhüttung ein immenser Holzbedarf, welcher seine Maxima im 15.und 16.Jahrhundert, in der Zeit von 1700 bis 1740 und in den Jahrzehnten vor 1800 gehabt haben dürfte (Habel, H. 1992). Bei Wiederaufforstungen, welche z. T. bereits seit den 15.Jahrhundert vorgenommen wurden, fand bis in die heutige Zeit eine Bevorzugung gut nutzbarer Arten, wie insbesondere der Fichte statt. Ihr Anteil liegt heute bei 93 %. Die Beurteilung der historischen Kulturlandschaft in der Region Oberfranken-Ost basiert auf vorhandenen Daten, welche vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Außenstelle Bamberg, von der Regierung Oberfranken sowie von den Kreisheimatpflegern der Region zur Verfügung gestellt wurden. Diese Daten zu den relevanten Einzelelementen der historischen Kulturlandschaft sind in der nachfolgenden Tabelle sortiert nach Funktionsbereichen und Naturräumen sowie in Karte 1.6 zusammengestellt. Tab. 10: Elemente der historischen Kulturlandschaft innerhalb des Untersuchungsgebietes
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